Geschichte

Reiche Bilderwelt

Der Grossratssaal ist geprägt durch seine Bilderwelt, die mit Basel geschichtlich und ideell aufs Engste verbunden ist. Generalthema Aufnahme in den Schweizerbund Die Wappen der Schweizer Kantone und legendäre Gestalten aus der Geschichte auf der Aussenfassade des Rathauses verweisen auf das Generalthema der Ausschmückung: Basel und die Aufnahme in die Eidgenossenschaft im Jahr 1501. Es setzt sich fort in der Innenhoffassade des Hinterhauses, wo man die Gesandten der Eidgenossenschaft in Basel Einzug halten sieht, und im Grossratssaal. Über dem Sitz des Grossratspräsidenten und damit vor den Augen der Grossräte kulminiert das Geschehen im dreiteiligen Bild des Bundesschwurs; das Ganze kommentieren ausführliche Schrifttafeln. Bundesschwur: Eines von fünf Wandgemälden von Emil Schill Der Eidschwur der drei ersten aus Uri, Schwyz und Unterwalden zusammengekommenen Eidgenossen ist ein Integrationsbild, während viele andere zeitgeschichtliche Ereignisse - etwa die politische Benachteiligung der Katholiken und der Arbeiterschaft oder die Trennung der beiden Basel - Konflikte blossgelegt hätten. Szenisches zu Handel, Wissenschaft, Reformation Auf der Rückseite des Saals ergänzen szenische Darstellungen von Handel und Wissenschaft und ein historisches Ereignisbild (der Amtsantritt des Rektors bei der Wiedereröffnung der Universität nach der Reformation) die Ikonographie.   Amtsantritt des Rektors: Ebenfalls ein Wandgemälde von Emil Schill In den Bildern sind zahlreiche am Rathausbau beteiligte Personen abgebildet, sogar die Familie des Rathausabwarts gab einigen Figuren ihre Gesichtszüge.   ... und Tugenden An den Saalwänden verteilt finden sich geschnitzte und gemalte Porträtmedaillons von Staatsmännern, die für die Geschichte Basels wichtig waren (so der angebliche Stadtgründer Munatius Plancus und Karl der Grosse). In den Bogenfeldern der Türen sind die vier Haupttugenden dargestellt: Penelope verkörpert die Klugheit, Mucius Scaevola die Tapferkeit, Zeleukos die Gerechtigkeit und Alexander der Grosse die Mässigung; eine Wiederaufnahme des humanistischen Bildprogramms der Holbeinschen Bilder.   Im grösseren Bogenfeld des Kamins thront Moses als vorbildlicher Gesetzgeber. Darüber der Leitspruch des Grossen Rates: salus publica suprema lex (Das Wohl des Volkes ist oberstes Gesetz)     Quelle: Das Basler Rathaus, Herausgeber Staatskanzlei des Kantons Basel-Stadt, Basel 1983. Weitere Bilder zum Grossratssaal und zum Rathaus finden Sie in der Bilder-Galerie.  

Entwicklung der Parteienlandschaft

Traditionsparteien Das baselstädtische Parteiengefüge kennt mit den bürgerlichen Parteien Freisinnig-demokratische Partei (FDP), Liberal-demokratische Partei (LDP) und Christlichdemokratische Volkspartei (CVP) sowie mit der Sozialdemokratischen Partei (SP) vier Traditionsparteien, die seit Einführung des Proporzwahlrechts 1905 ununterbrochen Einsitz im Grossen Rat haben. Mit dem Proporz verloren die Freisinnigen ihre seit 1875 gehaltene überragende Stellung in der Basler Politik. Jene Gruppierungen konnten sich mehr Einfluss verschaffen, die im Prozess der raschen Stadtentwicklung in den Jahrzehnten zuvor zahlenmässig stark an Gewicht gewonnen hatten: Die Arbeiter und die Katholiken. Schon 1908 überholte die SP die Freisinnigen. Von diesen spaltete sich 1911 die Fortschrittliche Bürgerpartei – später als Bürger- und Gewerbepartei bzw. Bürgerpartei und in den dreissiger Jahren als Nationale Volkspartei auftretend – ab, die dann bis 1957 im Grossen Rat vertreten war. Welche Partei wählen? Regierungs- und Grossratswahlen 1972. Bild: Staatsarchiv BS, BSL 1013 1-5376 (Hans Bertolf)  Das «Rote Basel» Von 1920 bis 1923 erreichte die Linke im Grossen Rat erstmals eine Mehrheit. Schon 1921 spaltete sich die Kommunistische Partei (KP) allerdings von der SP ab. Sozialdemokraten und Kommunisten bekämpften sich erbittert, womit sich die Linke selbst schwächte. Von 1938 bis 1940 war neben dem Regierungsrat (1935 - 1950) auch der Grosse Rat wieder «rot». 1940 verbot der Bundesrat die KP und die 15 Kommunisten wurden aus dem Grossen Rat ausgeschlossen. Nachfolgepartei war 1944 die Partei der Arbeit (PdA). Sie erstarkte vorübergehend rasch und wurde von der SP wiederum bekämpft. Seit 1940 konnten weder das linke noch das bürgerliche Parteienspektrum im Grossen Rat mehr eine absolute Mehrheit erreichen.  Neue Parteien und Bewegungen, von LdU und NA Ab 1938 war der konsumentennahe Landesring der Unabhängigen (LdU) zeitweise stark im Rat vertreten, 1941 sogar als zweitstärkste Fraktion. 1996 löste sich die Basler Sektion auf. Die Vereinigung evangelischer Wähler (VEW) ging 1948 aus der 1920 gegründeten Evangelischen Volkspartei (EVP) hervor. Sie konnte sich dank starker Position in Riehen 1953 bis 2013 in Fraktionsstärke halten. 2006 benannte sich die VEW wieder in EVP um. Ab den 1970er Jahren entstanden neue Bewegungen. So war die Progressive Organisation Basel (POB), ein Produkt der Studentenbewegung von 1968, im Grossen Rat von 1972 bis 1992 mit bis zu 15 Sitzen vertreten. 1993 löste sie sich auf. Auf  der rechten Seite holte die Nationale Aktion gegen die Überfremdung von Volk und Heimat (NA) 1968 die ersten zwei und 1972 10 Mandate. Aus dieser Bewegung gingen später die Schweizer Demokraten und die Volks-Aktion (VA) hervor. 1982 kam es innerhalb der SP erneut zur Spaltung, diesmal am rechten Flügel der Partei: Ein Teil der SP gründete die Demokratisch-Soziale Partei (DSP). Sie hielt bis 2008 Fraktionsstärke; 2009 löste sie sich auf. Die PdA erzielte letztmals 1992 einen Sitz im Grossen Rat. ... bis zu Grünen, SVP und Grünliberalen 1991 entstanden die Grüne Partei Basel-Stadt und die Frauenliste (FraB), 1995 Basels starke Alternative (BastA!). 2002 löste sich die FraB wieder auf. Die Grünen und BastA treten seit 2005 als Fraktion Grünes Bündnis auf bzw. seit 2021 als Grün-Alternatives Bündnis (GAB). Aufsteigerin der letzten Jahrzehnte ist die Schweizerische Volkspartei (SVP). Sie zog 1992 mit 3 Sitzen in den Grossen Rat ein und hatte im Jahr 2000 bereits 14 Mandate. Die Partei zerstritt sich allerdings und brach 2004 in SVP und Schweizerische Bürger-Partei (SBP) auseinander. 2004 schafften die SBP wie auch die Schweizer Demokraten den Einzug ins Parlament nicht mehr. Die SVP hingegen gehört weiterhin zu den grösseren Fraktionen. Neu gelang 2008 den Grünliberalen (GLP) der Sprung in den Grossen Rat, und dies gleich in Fraktionsstärke. 2017 verloren die Grünliberalen den Fraktionsstatus. Seit 2021 sind sie nun mit acht Sitzen stärker denn je vertreten. 2012 erreichte die «Volks-Aktion gegen zuviele Ausländer und Asylanten in unserer Heimat» (VA) zwei Grossratssitze. 2016 schaffte sie den Sprung ins Parlament nicht mehr. Das auf die Wahlen 2020 hin abgeschaffte Wahlquorum (5%-Hürde) ermöglichte einem VA-Vertreter nun wieder einen Sitz.  Schliesslich benannte sich die CVP analog ihrer nationalen Partei 2021 um: Sie heisst neu "Die  Mitte".   Statistik: Sitzverteilung im Grossen Rat seit 1905 (Excel, Statistisches Amt BS) Parteien, Jungparteien und Listenvereinigungen seit 1971 (Excel, Statistisches Amt BS) Literatur: Historisches Lexikon der Schweiz

Grossratspräsidien seit 1875

Präsidentinnen und Präsidenten des Grossen Rates seit 1875 und (seit 2001) Antritts- und Abschiedsreden: 2024   Claudio Miozzari Antrittsrede   2023   Bülent Pekerman Antrittsrede Schlussrede 2022   Jo Vergeat Antrittsrede Schlussrede 2021   David Jenny Antrittsrede SchlussredeSchlussrede 2020   Salome Hofer Antrittsrede Schlussrede 2019   Heiner Vischer Antrittsrede Schlussrede 2018   Remo Gallacchi Antrittsrede Schlussrede 2017   Joël Thüring Antrittsrede Schlussrede 2016   Dominique König-Lüdin Antrittsrede Schlussrede 2015   Elisabeth Ackermann Antrittsrede Schlussrede 2014   Christian Egeler Antrittsrede Schlussrede 2013   Conradin Cramer Antrittsrede Schlussrede 2012   Daniel Goepfert Antrittsrede Schlussrede 2011   Markus Lehmann Antrittsrede Schlussrede 2010   Annemarie von Bidder Antrittsrede Schlussrede 2009   Patrick Hafner Antrittsrede Schlussrede 2008   Roland Stark Antrittsrede Schlussrede 2007   Brigitta Gerber Antrittsrede Schlussrede 2006   Andreas Burckhardt Antrittsrede Schlussrede 2005   Bruno Mazzotti Antrittsrede Schlussrede 2004   Beatrice Inglin-Buomberger Antrittsrede Schlussrede 2003   Leonhardt Burckhardt Antrittsrede Schlussrede 2002   Ernst-Ulrich Katzenstein Antrittsrede Schlussrede 2001   Peter A. Zahn Antrittsrede Schlussrede 2000   Markus Ritter     1999   Rudolf Grüninger     1998   Peter Schai     1997   Margrit Spörri     1995/96   Michael Raith     1994   Thomas Staehelin     1993   Hansjürg M. Wirz     1992   Jürgen Zimmermann     1991   Hugo Wick     1990   Monika Schib Stirnimann     1989   Ueli Vischer     1988   Walter Zähner     1987   Adolf Bucher     1986   Felix Rudolf von Rohr     1985   Georg Gantenbein     1984   Bernhard Christ     1983   Hanspeter Mattmüller     1982   Adolf Neth     1981   Werner Rihm     1980   Hans Strittmatter     1979   Marie-Agnes Massini     1978   Fritz Burri     1977   Carl Miville     1976   Werner Kim     1975   Gertrud Spiess     1974   Hartmann F. Ammann     1973   Werner Roth     1972   Hansruedi Schmid     1971   Hanspeter Müller     1970   Eugen Keller     1969   Jakob Oeri     1968   Peter Müller     1967   Jules Goetschel     1966   Max Ziegler     1965   Fritz Müller     1964   Markus Bruckner     1963   Peter Böhringer     1962   Oreste Fabbri     1961   Albert Degen     1960   Albin Breitenmoser     1959   Hans Rudolf Oeri     1958   Hans Schaffner     1957   Emil Matter     1956   Georges Ott     1955   Josy Petitjean     1954   Felix Emmanuel Iselin     1953   Jules Düblin     1952   Ernst Weber     1951   Wilhelm Burckhardt     1950   Rudolf Roth     1949   Max Dannenberger     1948   Max Flury     1947   Gottfried Baumann     1946   Daniel Kessler     1945   Friedrich Schneider     1944   Edwin Strub     1943   Carl Peter     1942   Alfred Würz     1941   Gottlieb Hanhart     1940   Eugen Dietschi     1939   Emil Arnold     1938   Ezechiele Enocari     1937   Walter Wellauer     1936   Bernhard Sarasin     1935   Ernst Herzog     1934   Oskar Schär     1933   August Ursprung     1932   Friedrich Schill     1931   Felix Lüssy     1930   Walter Meyer     1929   Martin Stohler     1928   Fritz Wieser     1927   Willhelm Wick     1926   Jakob Tschopp     1925   Felix Iselin     1924   Wolfgang Börlin     1923   Arnold Jeggli     1922   Gottfried Höchli     1921   Paul Ronus     1920   Kaspar Späni     1919   Ernst Feigenwinter     1919   Wolfgang Börlin     1918   Johann Frei     1917   Paul jr. Speiser     1916   Victor Emil Scherrer     1915   Rudolf Niederhauser     1914   Emil Angst     1913   Isaak Iselin-Kern     1912   Heinrich Jezler     1911   Othmar Kully     1910   Bernhard Jäggi     1909   Wilhelm Vischer     1908   Christian Rothenberger     1907   Gottfried Krebs     1906   Paul Scherrer     1905   Ernst Köchlin     1904   Emil Göttisheim     1903   Alfred Wieland     1902   Otto Zoller     1901   Eduard Kern     1900   Hans Völlmy     1899   Wilhelm Vischer     1898   Robert Stünzi     1897   August Sulger     1896   Paul Scherrer     1895   Eduard Kern     1894   Paul Scherrer     1893   Karl Burckhardt-Burckhardt     1892   Robert Stünzi     1891   Isaak Iselin-Sarasin     1890   Placid Weissenbach     1889   Karl Burckhardt-Burckhardt     1888   Robert Stünzi     1887   Isaak Iselin-Sarasin     1886   Rudolf Philippi     1885   Eduard Hagenbach     1884   Johann Gottfried Wackernagel     1883   Rudolf Philippi     1882   Johann Gottfried Wackernagel     1881   Adolf Burckhardt-Burckhardt     1880   August Stählin     1879   Hermann Kinkelin     1878   August Stählin     1877   Alphons Köchlin     1876   Eduard Hagenbach     1875   Johann Jakob Burckhardt-Burckhardt    

Grossratssaal

Um 1900 neu erbaut Der Grossratssaal im Hinterhaus des Rathauses ist ein gestalterisches Gesamtkunstwerk. Er entstand 1901 bis 1904 und hatte mehrere Vorgänger. Vom ersten bekannten Rathaus am Fischmarkt um die Mitte des 13. Jahrhunderts bis zu dem Gebäude am Marktplatz, aus dem nach dem Erdbeben von 1356 durch Neu-, Um- und Anbau das heutige Rathaus erwachsen ist, gab es innert hundert Jahren vier Ratssäle. Der erste «echte» Grossratssaal im Rathaus, mit dessen Neubau man 1504 begonnen hatte, entstand 1521. Bisher hatte der Grosse Rat im Augustiner- oder Predigerkloster getagt. Der Saal hatte eine flache Holzdecke, die reich mit Schnitzwerk verziert war; die Bemalung führte der junge Hans Holbein d. J. bis 1522 aus. 1824 bis 1828 liess man das Rathaus umfassend erneuern, der Grossratsaal bekam eine bedeutend höhere Decke und wurde insgesamt umgestaltet. Eindrucksvolles Gesamtkunstwerk von 1904. Foto: Michael Fritschi 1901 wurde der alte Saal abgebrochen, als man 1899 bis 1904 das Rathaus im Stil von Neugotik und Neurenaissance umbaute und erweiterte (unter anderem kam der Rathausturm hinzu). Am 23. Juni 1904 kam der Grosse Rat zu seiner ersten Sitzung im neuen Grossratssaal zusammen. Von den früheren Ratssäälen ist leider fast nichts mehr erhalten, doch gibt es im Basler Kunstmuseum noch die von Hans Holbein d. J. gemalten Wandbilder in Form von Fragmenten zu besichtigen. Reichtum der Selbstdarstellung Der Grossratssaal hat fast alles, was ein Parlamentsbetrieb braucht: Garderobe, Vorsaal, Ratscafé, Journalistensitze und Publikumstribüne; die Raumhöhe reicht wie bei solchen Bauten üblich über zwei Stockwerke, ein Hof an der nördlichen Längsseite gibt diesem tief in den Münsterhügel gegrabenen Rathausteil Licht. Was den Saal aber besonders macht, ist seine Bilderwelt, die mit diesem Ort geschichtlich und ideell aufs Engste verbunden ist. Die Wappen der Schweizer Kantone und legendäre Gestalten aus der Geschichte auf der Aussenfassade des Rathauses verweisen auf das Generalthema der Ausschmückung: Basel und die Aufnahme in die Eidgenossenschaft im Jahr 1501. Es setzt sich fort in der Innenhoffassade des Hinterhauses, wo man die Gesandten der Eidgenossenschaft in Basel Einzug halten sieht, und im Grossratssaal. Über dem Sitz des Grossratspräsidenten und damit vor den Augen der Grossräte kulminiert das Geschehen im dreiteiligen Bild des Bundesschwurs; das Ganze kommentieren ausführliche Schrifttafeln. Eidschwur, Handel, Wissenschaft  Der Eidschwur der drei ersten aus Uri, Schwyz und Unterwalden zusammengekommenen Eidgenossen ist ein Integrationsbild, während viele andere zeitgeschichtliche Ereignisse - etwa die politische Benachteiligung der Katholiken und der Arbeiterschaft oder die Trennung der beiden Basel - Konflikte blossgelegt hätten. Auf der Rückseite des Saals ergänzen szenische Darstellungen von Handel und Wissenschaft und ein historisches Ereignisbild (der Amtsantritt des Rektors bei der Wiedereröffnung der Universität nach der Reformation) die Ikonographie. In den Bildern sind zahlreiche am Rathausbau beteiligte Personen abgebildet, sogar die Familie des Rathausabwarts gab einigen Figuren ihre Gesichtszüge. An den Saalwänden verteilt finden sich geschnitzte und gemalte Porträtmedaillons von Staatsmännern, die für die Geschichte Basels wichtig waren, so Munatius Plancus, Johann Rudolf Wettstein oder Wilhelm Klein. Penelope: «Alles, was du tust, sollst du mit Verstand tun». © Simone Hiltscher und Tugenden In den Bogenfeldern der Türen sind die vier Haupttugenden dargestellt: Penelope verkörpert die Klugheit, Mucius Scaevola die Tapferkeit, Zeleukos die Gerechtigkeit und Alexander der Grosse die Mässigung; eine Wiederaufnahme des humanistischen Bildprogramms der Holbeinschen Bilder. Im grösseren Bogenfeld des Kamins thront Moses als vorbildlicher Gesetzgeber. Darüber der Leitspruch des Grossen Rates: salus publica suprema lex (Das Wohl des Volkes ist oberstes Gesetz).   Quelle: Das Basler Rathaus, Herausgeber Staatskanzlei des Kantons Basel-Stadt, Basel 1983. Besuchen Sie uns | Bilder-Galerie | Zum Kronleuchter  

Ratsgeschichte

Vom mittelalterlichen Gremium auf Abruf zur obersten Behörde Die Geschichte des Grossen Rates ist eng verknüpft mit der Geschichte Basels. Um 1380 ins Leben gerufen, wurde er erst 1691 oberstes Organ der Stadt und – im schweizweiten Vergleich spät – 1875 ein Parlament im modernen Sinn, das heisst mit Gewaltentrennung. Im Rathaus tagt der Grosse Rat seit 1504. Das Rathaus vor 1900: noch ohne Turm, halb verdeckt vom Haus zum Pfaueneck. Bild: Staatsarchiv BS, NEG A 4803 Um 1380 geschaffen, ab 1691 oberste Behörde Der erste urkundlich erwähnte städtische Rat (später Kleiner Rat genannt) datiert auf 1185/90. In ihm sassen der Bürgermeister, Adelige, vornehme Familien (die «Burger») und Vertreter der Zünfte, insgesamt 28 Räte. Der eigentliche Stadtherr war allerdings noch lange Zeit der Bischof von Basel auf dem Münsterhügel. Erst 1521 wurde die Stadt ihr eigener Herr. Der Grosse Rat wurde um 1380 geschaffen und zählte vorerst an die 200 Mitglieder, vor allem aus den Zünften. Aus Platznot musste er in den Sälen des Augustiner- und Barfüsserklosters tagen. Der Grosse Rat wurde einzig bei Bedarf vom Kleinen Rat zur Sitzung einberufen (ganze fünfzehn Mal im 17. Jahrhundert!) und diente bloss dazu, besonders wichtige Vorlagen zu billigen. 1691 revoltierten die Zünfte gegen die herrschenden Verhältnisse, wodurch der Grosse Rat anstelle des Kleinen zur obersten Behörde wurde. Er hatte nun 218 Mitglieder, tagte regelmässig (aber immer zusammen mit dem 64-köpfigen Kleinen Rat) und wählte erstmals die wichtigsten Ämter und Kommissionen. Ratsmitglied konnte aber weiterhin nur werden, wer einer Zunft oder Ehrengesellschaft oder einem Gericht angehörte. Während der «Helvetischen Republik» (1798-1803) trat eine kurzlebige «Nationalversammlung» an die Stelle des Grossen Rats und anderer Staatsorgane.  Kantonstrennung / eigenes Stadtparlament Die Zeit von 1803 bis 1875 ist gekennzeichnet durch sechs verschiedene Verfassungen, die Kantonstrennung von 1833 und ein duales System von Kantons- und Stadtbehörden: Es gab also einen Grossen Rat für kantonale Aufgaben und einen Grossen Stadtrat für städtische. Die Gewaltentrennung war noch unvollständig, denn die Kleinräte und Bürgermeister als Exekutive waren zugleich Mitglieder des gesetzgebenden Grossen Rats; man nannte diese Ordnung das «Ratsherrenregiment». Lange Zeit konnten nur Basler Bürger wählen, die zudem einem Einkommenszensus unterlagen. Erst ab 1848 erhielten auch die Schweizer Niedergelassenen nach zwei Jahren das Wahlrecht. Regierung und Parlament waren von einer stark miteinander versippten Oberschicht geprägt, in der Fabrikanten und Kaufleute wichtiger Basler Familien den Ton angaben. Die Ratssitzungen wurden 1833 öffentlich. «Die Theilung». Das Bild wird Kelterborn zugeschrieben. Historisch: Zuwachs im Grossen Rat durch das Birseck und Ratsverhandlungen um 1815 | Ratssitzungen - seit 1833 öffentlich | 1865: Selbstbewusster Griff nach parlamentarischer Aufsicht Volkswahl, Volksrechte und Gewaltentrennung Den tiefsten Einschnitt in der Geschichte des Stadtkantons und seiner politischen Organe stellt die Verfassungsänderung von 1875 dar. Das damals festgelegte System ist auch heute noch weitgehend gültig. Die Revision der Bundesverfassung von 1874 zwang den Kanton, den Zugang zur politischen Mitbestimmung zu öffnen: Das Wahlvolk bestand nun aus der Gesamtheit der im Kanton wohnhaften Schweizer Bürger. Weiter wurden 1875 das Referendum und die Volksinitiative eingeführt. Die Stadt verschwand als eigenständige politische Grösse, da sämtliche städtische Aufgaben von den Kantonsbehörden übernommen wurden. An die Stelle des Kleinen Rats und des Bürgermeisters trat der Regierungsrat, so dass der Grosse Rat zur reinen Legislative wurde und seither auch ist. Der Grosse Rat wurde auf die bis 2009 gültige Mitgliederzahl von 130 festgelegt. Ab 1890 wurde der Regierungsrat nicht mehr vom Grossen Rat gewählt, sondern von den Stimmbürgern. Historisch: Volksinitiative von 1915 zur Parlamentsverkleinerung | Das Basler Parlament kommt ohne Amtsgelübde aus  Proporz, Wahlkreise, Frauenstimmrecht Grosse Bedeutung für die Zusammensetzung des Grossen Rates haben die Einführung des Proporz-Wahlsystems (1905), die Neueinteilung der Stadt Basel in drei etwa gleich grosse Wahlkreise anstelle der historischen Quartiere (1913) und die Einführung der Amtszeitbeschränkung (1966) sowie des Stimm- und Wahlrechts für Frauen (1966). 1968 konnten dann 14 Frauen in den Rat einziehen; 1972 waren es bereits 21. Erstmals weiblich präsidiert wurde das Parlament 1975 mit Gertrud Spiess (CVP). Sie wurde später auch erste Basler Nationalrätin. «Meine Damen und Herren!» Erste Sitzung mit Grossrätinnen am 9. Mai 1968. Bild: Staatsarchiv BS Historisch: Einführung des Frauenstimmrechts | Einführung der Amtszeitbeschränkung | Eine Stimm- und Wahlpflicht wollten die Basler nie | Einführung der Proporzwahl | Wahl der ersten 14 Grossrätinnen 1968 | Einzug der ersten Grossrätinnen ins Parlament 1968 Verkleinerung Am 30. Oktober 2005 hat das Stimmvolk eine Totalrevision der Basler Kantonsverfassung gutgeheissen, die von einem 60-köpfigen Verfassungsrat in sechsjähriger Arbeit ausgearbeitet worden war. Die neue Verfassung ist am 13. Juli 2006 in Kraft getreten. Eine der wichtigsten Neuerungen war die Verkleinerung des Grossen Rates auf 100 Mitglieder. Sie gilt seit 2009. Entwicklung der Parteienlandschaft 

Der Grosse Rat historisch

Zugleich Rats- und Basler Geschichte Die Geschichte des Grossen Rates ist eng verknüpft mit der Geschichte Basels. Um 1380 ins Leben gerufen, wurde er erst 1691 oberstes Organ der Stadt und – im schweizweiten Vergleich spät – 1875 ein Parlament im modernen Sinn, das heisst mit Gewaltentrennung. Vom mittelalterlichen Gremium auf Abruf zur obersten Behörde Politische Mitbestimmung Der Grosse Rat wurde lange durch eine sehr eingeschränkte Wählerschaft bestimmt. Ab 1875 durften auch Schweizer ohne Basler Bürgerrecht nach drei Monaten wählen. Damals wurden auch die Volksrechte Referendum und Volksinitiative eingeführt. Die erste richtige Partei waren die Freisinnigen. Endlich: 1966 erhielten auch die Frauen das kantonale Stimm- und Wahlrecht, als erste in der Deutschschweiz. Ratsgeschichte | Entwicklung der Parteien| Frauenanteile Seit 1504 im Rathaus zuhause Im Basler Rathaus am Marktplatz tagt der Grosse Rat seit 1504. Der Ratssaal mit seiner reichen Bilderwelt ist ein gestalterisches Gesamtkunstwerk. Hier das Rathaus vor 1901 noch ohne Turm und Erweiterungsbau in Richtung Eisengasse. Ratssaal | Bilder-Galerie | Besuchen Sie uns Literatur: Basel - Geschichte einer städtischen Gesellschaft, Basel 2000; Das Basler Rathaus, Basel 1983. Bilder: Staatsarchiv BS. oben: BSL 1012_720; mitte: BSL 1013 1-5376 2; unten: BSL 1013 1-1698. Das Rathaus im bewegten Bild: «Rundgang durch das Basler Rathaus», Staatskanzlei Basel-Stadt, Dez. 2012. (Youtube)